21
Mai
so was irres habe ich noch nie erlebt. "zwei erwachsene und zwei kinder" antwortet die weitaus-bessere-hälfte auf die frage des museums-
shopmitarbeiters, für wieviele personen der eintritt zu berechnen sei. woraufhin sich unter den drei anwesenden museumsshopmitarbeitern ein mindestens zehnminütiger diskurs über den preis, der zu bezahlen sei, entspann. das fand ich ein bißchen irre, denn hinter dem mann, der die kasse (mehr oder minder) bediente, hing eine preistafel. aber die, so versicherte mir die weitaus-bessere-hälfte später, gilt gar nicht. ach so. ich entfernte mich mit kind2 vom ort der erörterungen, um im magazin der stiftung preußische schlösser und gärten berlin-brandenburg: sans, souci. zu blättern und entdeckte einen hinweis auf ein barockes kinderfest in schloß und garten zum thema: "kegel, bogen, pfeil und reifen - was haben die kinder vor dreihundert jahren gespielt". nach caputh wollten wir eigentlich sowieso einmal, (aber leider liegt caputh auch in brandenburg). der weitaus-besseren-hälfte war es in der zwischenzeit irgendwie gelungen, eintrittskarten zu erwerben. er entschwand, um kind1 aufs stille örtchen zu begleiten, da sprach mich der mann von der kasse an, fragte wo die weitaus bessere hälfte sei, weil man hätte nämlich einen fehler gemacht: wir hätten zwei euro zuviel bezahlt. als auch das erledigt war, begrüßte uns der eintrittskartenüberprüfer, den schon die kunde von besuchern im schloßmuseum erreicht hatte, persönlich mit dem hinweis: wir würden vermißt (vom mann an der kasse mit dem zwei-euro-überschuß in der kasse.) wir versicherten ihm, es sei alles geklärt. es war irgendwie komisch, als wären wir die einzigen besucher. nein, wir waren die einzigen besucher, und die weitaus bessere hälfte glaubt auch: die ersten seit 1999. im nachhinein ist der gedanke gar nicht so abwegig. was war denn eigentlich das problem an der kasse? wollte ich später wissen. das problem war, daß in der supermodernen touchscreenkasse die position "eintrittskarte" zu fehlen schien, irgendetwas nicht eingespeichert war, was also zu dem mindestens zehnminütigen disput dreier museumsshop-mitarbeiter führte. man war willens, uns das eintrittsgeld abzunehmen aber nicht so recht in der lage. man wußte, wie hoch der eintritt ist, konnte das aber leider der supermodernen touchscreenkasse nicht beibringen. ich hatte der kasse keine besondere beachtung geschenkt, aber vielleicht ist sie eine außergewöhnlich schöne supermoderne touchscreenkasse. denn irgendeinen grund muß es für ihren einsatz ja geben, wenn nicht das erheben von eintrittsgeld im vordergrund steht. so etwas kann einem eigentlich nur in brandenburg passieren, vielleicht noch in thüringen. aber dafür ist der schlosspark wunderschön.
Museumsshop?
Sie waren also shoppen-hoppen. Im Museum sein Shop. Heißt das tatsächlich so in Brandenburgs Schlösser- und Seenverwaldung? Gips da auch Kunscht? So richtige.
geshoppt - im museum sein shop, so nennt sich das heute, nachdem man im wahren sinne des wortes die alte museumskasse abgeschafft hat - habe ich nichts, wozu man musseumsshopware sagt, wirklich ernsthaft. das meiste davon kann, glaube ich, weg. obwohl man in der abteilung schloss-management (man ist wild entschlossen, dem ruf der provinzialität zu trotzen) sicher davon träumt, daß ihnen scharen von touristen die nippsachen abkaufen. bis dahin sollten die aber dringend was an der kasse machen.
die kunscht im schloß. naja, alte gemälde, teppiche, chinesisches porzellan. die weitaus-bessere-hälfte erfreut sich bei diesen gelegenheiten an alten möbeln mit intarsien. war er doch im ersten leben tischler und könnte einen schrank, ohne eine einzige schraube zu verwenden bauen. im unteren bereich des museums ist eine ausstellung zur regional- und kulturgeschichte zu sehen. die ist liebevoll gemacht. besonders interessant fand ich die alten landkarten das müßte so 17. jahrhundert sein. der schloßpark ist herrlich. hier haben die gestalter auch an die details gedacht.
die ge-
schichte hat ja einen schönen museumstouch, um mit diesem hybriden ausdruck schon im voraus in stellung zu gehen gegen die kulturhüter unserer nation.
wir, die dhonau-wärter, finden, erst in einem solchen zusammenhang offenbart sich die wahre kultur. und die ist eben immer ganz anders. tanker schöön für das amüsemang manchmal ist es eben ein krampf mit der kultur.
indem wir mit sogenanntem fortschritt alles immer einfacher machen, sorgen wir nebenbei dafür, daß später mal keiner mehr weiß, wie einfach mal "alles" war. beziehungsweise, das kann man dann im museum anschauen. ein mu-
seum ohne shop, das gibt es nicht, sollte es auch nicht geben. wir haben in diesen shops immer auch interessantes gefunden. nippes, ja, das gibt es auch, natürlich. aber auch hier gilt, hochmut kommt vor dem fall etwa der pharisäer, die gibt es zuhauf im kulturcenter, auch wenn der begriff des pharisäers selber wieder so ein kulturding ist, aber wir kriegen hier auf die art auch nebenbei geliefert, daß kultur ein labyrinth ist, aus dem herauszukommen gar nicht möglich ist.
manchmal ist ein guter mist zigmal besser als die verwaltung von kanonisiertem wissen und dergleichen. ein museum hat immer auch etwas unerträgliches, aber daraus folgt rein gar nix. Ihre geschichte von der museumskasse ist deswegen schön, weil hier menschen vollen, wenn auch ein wenig deplazierten einsatz zeigen. tatsächlich ist der eintritt in kultur wirklich der neuralgische punkt. wir sind vor allem dann "drin", wenn wir uns nicht dazugehörig fühlen. wer dieses gefühl nicht kennt, ist schon in der nähe des bildungsparvenues, über den wir hier ausnahmsweise nicht herziehen wollen, sondern bloß als ein verhalten unter vielen protokollieren wollen. jedenfalls ist dieses ticket-geschehen für uns, die dhonau-wärter der off-museen dieser welt (was ist das nun schon wieder?), außerordentlich tröstlich, amüsant und - wie sollen wir sagen - einfach schöööön. wenn wir uns nur vorstellen, mit welchem einsatz diese museumsleute um einen ordnungsgemäßen eintritt in diese offen-hermetische welt kämpfen, so als wollten sie mit Ihnen und Ihrer familie zusammen endlich einmal so richtig in dieses museum reinkommen. museum und die sogenannten über- (wie unter)interpretierungen gehören nebenbei gesagt klassisch zusammen. nur keine angst vor fehlern und kleinen peinlichkeiten fehler und kleine peinlichkeiten gehören dazu.
dhonau-wärter, sie fügen hier eine perspektive des geschehens hinzu, und dafür danke, aus der ich das (noch) nicht sehe.
wir haben heute noch einmal herzlich über unser erlebnis gelacht. ich hatte gestern ein sehr unbehagliches gefühl, als wir das museum verließen und auf die kasse des schloßparkes zusteuerten. zum glück völlig unbegründet. zuallererst bin ich streng mit den meinen, denn ich bin ein, wenn auch zugereistes, mit überzeugung aber auch mit verzweiflung, brandenburgisches landeskind geworden. und, was wir gesehen haben, war ein museum, das höchst professionell geführt wird, wenn wir mal den erschwerten eintritt mit lokalkolorit-charakter beiseite lassen. wir sind einfach neugierige leute mit zum glück neugierigen (nicht mehr zu kleinen) kindern. ich mag kein bildungsfaß darüber aufmachen. in die kultur eintreten geht doch im grunde gar nicht, wenn wir uns als teil der kultur verstehen, aber eigentlich das sehr oft nicht verstehen. Es ließe sich
auch schlicht anmerken: Kultur wird gewiß nicht nur durch ein Museum oder einen Garten ausgewiesen. Einer meiner Lehrer, der enzyklopädische Herr Brockhaus, schrieb mir mal ins Gehirn: Kultur ist die Gesamtheit der Lebensäußerungen eines Volkes. Daraus wäre zu folgern: Es gibt keine unpolitische Äußerung oder Tat. Bleiben wir also weiterhin und unverdrossen ernsthaft.
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update: 2024.11.15, 19:57 blogger-sache
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