13
März
89/90 (peter richter)

fertig (ich habe gestern sogar quer ausfallen lassen und lieber das buch zu ende gelesen). und ich staune, ich hab nicht erwartet, daß es mir so gut gefällt. obwohl ich ja nur gelesen habe, was ich selbst erlebt habe, wenn auch anders, natürlich.

die kritiken, die ich jetzt erst gelesen habe, sind eher verhalten. aber so ist das eben. ich habe schon hochgelobte bücher entsetzt und unter qual ausgelesen. auf kritiken gebe nichts (mehr). doch, schreibe ich mal in richtung freitag, der autor darf seiner sprachlichen stärke trauen. und die fußnoten gehören unbedingt dazu, aber dazu müßte man eben 25 jahre weiter denken. und abgesehen davon und von irgendwelchen motiven, hier würde nicht-ossis, vielleicht sogar amerikanern (das muß man nicht wirklich verstehen), dieses buch lesbar gemacht werden, ist es eben schrecklich (auch im nachhinein), wenn es als nebensächlich erachtet wird, in welchem zusammenhang bei dynamo was betont wird: "dynaamo war fußball, die betonungsverschiebung zeigt den bedeutungswechsel an, sie steht für die aneignung durch die leute." oder: der konsum mit der betonung auf o, weil "konsum mit betonung auf dem u etwas ganz anderes ist." (und trotzdem passt zu beiden begriffen: kauft ohne nachzudenken sinnlos unseren mist.) ich kann mich noch gut erinnern, wie wie regelmäßig zusammenzuckten sind, wenn von einem roschtock die rede war. und vergessen werde ich auch nicht, wie uns 1993(!) der wunsch vorgetragen wurde, mal einen tra(h!)bi zu fahren. das macht doch keinen spaß, wenn sich irgendwer einfach die sachen aneignet, durch betonungsverschiebung.

der dritte teil des buches hat mir klargemacht, daß ich dieses "fabelhafte jahr der anarchie" etwas verklärter in erinnerung hatte. vielleicht war es auch etwas anders in leipzig, weg von zu hause. wo wir durchaus wußten, daß es (popkulturelle) neonazis gab, die sich widerum von der bürgerrechtlichen opposition in der ddr abzugrenzten, von allem linken. (ich war damals irgendwie der ansicht, die müssen so einen irren opa zu hause haben, der ihnen das schmackhaft gemacht hat, das herren-deutschtum und all die anderen verschrobenen ansichten.) man kannte sich vom sehen, die gleiche schule. und die kannten typen: echte neonazis, die man nicht kennen wollte. und verlor sich aus den augen. ohne jedes bedauern.

und zu guter letzt, hat der autor das letzte wort.

aber nö, hab ich hier nicht das letzte wort?
thank you for the music.


 
 
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