04
Oktober
ich habe, stelle ich wiederholt fest, in den letzten fünf jahren irgendwann mal beschlossen, zur alten rechtschreibung zurückzukehren. was sich wie folgt liest: alte beiträge in neuer rechtschreibung, neuere im alten stil; selbstverfreilich beides die normalerweise übliche groß-und kleinschreibung ignorierend. für den überzeugten rechtschreibungsschreiber mag das seltsam klingen: ich glaube, es hatte ästhetische gründe. zunehmend ging mir das doppel-s auf die nerven. es sieht einfach nicht aus.

echte rechtschreibfehler finde ich natürlich überflüssig, nichtsdestotrotz - mit einem leichten hang zur legasthenie - schleichen sie sich ein. tut mir leid.

natürlich haben alle rechtschreibfreaks recht. theoretisch. aber man könnte es auch anders, ganz anders sehen. denn im grunde ist doch die sogenannte reform gar nicht weit genug gegangen. wie weit auch immer.

auf die nächsten fünf jahre klein schreiben, mit einem leichten hang zur legasthenie und nicht zu vergessen: zur ironie.

mitschuetteln

 
Das mit der Kleinschreibung
verstehe ich ja noch, den mit der des Großen ist's schließlich auch nicht ganz unkompliziert, in der alten Schreibung. Man erinnere sich an den Achternbusch: Es ist ein leichtes, beim Gehen den Boden zu berühren. Dabei gerate auch ich manchmal ins Schleudern.

Aber: Leichter Hang zur Legasthenie. Ein kokett' Scherzlein will sie sich machen. Lesen Sie doch mal im Netz, nicht nur in onleinigen Zeitungen, lesen Sie mal bei kommentierenden, offensichtlichen Akademikern. Mit fällt dazu der junge Mann ein, der angesichts seiner fünfzehn Fehler pro Manuskriptseite seiner Dissertation in Gemanistik ein, für die der Freund ihm eine schlechtere Benotung ankündigte, der daraufhin meinte, man solle sich nicht so haben, man möge doch bitteschön mal ins Internet schauen. Das liegt zwar einige Jährchen zurück, aber es ist nicht besser geworden.

Und das Doppel-s, das ist wahrlich ein Ungebilde. Und diese alles, aber wirklich alles verkomplizierende neue Schreibung, das ist wahrhaftig ein lächerliches Unding, überhaupt diese gesamte neue Schreibung.
 
na schön, ich beliebte zu scherzen.
ich lese in onleinigen zeitungen die kommentare sehr selten (außer beim freitag, da manchmal). mir ist ein kaffee einfach lieber.
und mir schwant, daß zumindest bei mir die meisten fehler tippverursacht sind. fehler bei anderen stören mich wenig bis gar nicht, meine dagegen sehr. ich schreibe ja nicht viel, und wenn ich das noch falsch schreibe … das sieht einfach nicht aus.
„Gmäeß eneir Sutide eneir elgnihcesn Uvinisterät ist es nchit witihcg, in wlecehr Rneflogheie die Bstachuebn in eneim Wrot snid, das ezniige was wcthiig ist, ist, dass der estre und der leztte Bstabchue an der ritihcegn Pstoiion snid. Der Rset knan ein ttoaelr Bsinöldn sien, tedztorm knan man ihn onhe Pemoblre lseen. Das ist so, wiel wir nciht jeedn Bstachuebn enzelin leesn, snderon das Wrot als gseatems“.

die neuschreibung: ein lächerliches unding, genau das ist sie. ich würde mich gar nicht um sie scheren, aber die kinder … nun, sie kommen später in den genuß der alten schreibweisen, wenn sie meine bücher lesen wollen (was ich doch sehr hoffe).
 
Ich würde es Ihnen gerne gleichtun und ebenfalls zur alten Rechtschreibung zurückkehren. Leider bin ich mittlerweile dermaßen verwirrt, dass mir eine Rückkehr gar nicht mehr möglich erscheint. Die meisten Menschen, so vermute ich, nähern sich wohl Zeit ihres Lebens quasi wie eine Asymptote einer Rechtschreibung an, erreichen sie jedoch wie die A. erst im Unendlichen, also niemals, in menschlichen Lebensjahren gemessen. Ich persönlich sitze ja gewissermaßen zwischen den Stühlen, denn ich klaube mir überall das heraus, was mir ästhetisch erscheint. Vielleicht bin ich irgendwann so verwirrt, dass ich mir ohne Lektor nichts mehr publizieren traue. Ich vermute ohnehin, dass dieser Rechtschreibwirrwarr der Lektorenbranche einen gewissen Aufwind beschert hat.

An anderen Tagen lese ich dann Josef Filsers Briefwexel und denke mir dabei, dass diese Briefe eigentlich auch ganz gut lesbar sind und auch gelesen wurden. Nach all den Jahren in der Schule brächte ich es aber kaum übers Herz, orthographische orthografische Restriktionen derart zu ignorieren.
 
lieber (wenn ich das schreiben darf) herr phom, wo ein ph hingehört, kann man doch kein f schreiben. und man kann doch, selbstverfreilich.

eigentlich ist das fast eine hypothese, daß ich zur alten rechtschreibung zurückgekehrt sei, weil ich mir im grunde auch nur das zusammen suche, was mir paßt. ich finde das ph phantasiereicher als ein einfaches f und ein automobil vollständiger als das auto, auto-was?

es ist sinnlos, sich an sinnlose regeln zu halten.

das ist herrlich und komisch. weil wir wissen, daß die schreibweise falsch ist. das macht sie grotesk, aber nicht fälscher fälschlicher. unsere sprache ist und bleibt ein immerwährendes rätsel.

und bitte, publizieren sie immer weiter. mit oder ohne lektor, im rechtschreibwirrwarr. das wirrwarr der sprache(n) hat mit recht-schreibung ohnehin nicht mehr viel zu tun.
 
»Что за вопрос«* würde der Russe sagen, »Was für eine Frage« — freilich dürfen Sie! In Hinblick auf das ph darf ich Sie darauf hinweisen, dass phom eine Importware darstellt, die das Privileg genießt, sich als solche keinen orthographischen Reformen im Zielland beugen zu müssen. Immerhin wäre fom auch gänzlich falsch ausgesprochen. Obendrein sähe es schrecklich aus. Wie auch das Telephon mit ph ästhetischer ist, ebenso die Photographie, die Phantasie, das Grammophon, die Phonetik, ...

In Bälde wird wohl auch der Tag kommen, an dem die »Neue Rechtschreibung« (welche Version dann auch immer) an die Stelle der traditionellen Hausorthographie tritt, die so manche, altmodische Zeitung heute noch pflegt. Der Nachwuchs an den Journalistenschulen dürfte ja bereits auf die neue Schreibweise gedrillt sein.

Pragmatisch betrachtet kann ich mich damit vielleicht noch eher anfreunden als mit vermeintlich gendergerechter Sprache oder mit der von Hans Pfitzinger (vielen Dank, Herr Stubenzweig!) als »Germslang« bezeichneten Sprachverhunzung. Die mangelnde Ästhetik haben sie aber alle gemein**.

* Neulich erfuhr ich von einer Bekannten im Gespräch, dass sie mit dem Gedanken spielte, sich Grundkenntnisse in der russischen Sprache anzueignen. Zwar vermochte ich ihr sprachlich nicht weiterzuhelfen, weshalb ich sie mit dieser Angelegenheit an Frau phom verwies, an einführenden Lehrbüchern hatte ich jedoch, wie mir dann einfiel, reichlich im Hause. Diese Bücher fielen mir vor Jahren bei einer Bibliotheksauflösung in die Hände. Russisch war zwar nie ein Thema für mich, doch ich musste diese Bücher einfach an mich nehmen, weil ich die begründete Sorge hegte, dass diese aus den 80ern stammenden Werke ansonsten entsorgt worden wären. Und weil ich vor dem Abgang aus meiner Bibliothek noch einmal in den Büchern schmökern wollte, quäle ich Sie, liebe Frau kopfschuetteln, nun mit meinem Laienrussisch. Soweit eben die Worte reichen.

** Ihre Kleinschreibkunst empfinde ich übrigens, ganz im Gegensatz zu manch anderen Sprachpuristen, durchaus als ästhetisch. Für meine Begriffe stört das die Lesbarkeit auch in keinster Weise, wie manchmal bemerkt wird.
 
eines werden sie hier mit sicherheit nicht finden, das binnen-i - da kommen nur wortgebilde, besser noch, wortungebilde heraus - ich halte das für ideologie und mich trotzdem für emanzipiert. ganz schlimm wird es, wenn sich bürokraten an einer “gendergerechten“ sprache vertun.

das mit den büchern haben sie bestimmt richtig gemacht. da bin ich ganz bei frau heidenreich: man kann nicht nur nicht, man darf bücher nicht wegwerfen. naja, ein buch habe ich mal entsorgt auf diese weise, aber das hatte mit dem autor zu tun, das war was persönliches.

quälen? russisch ist eine schöne sprache, ich finde einfach alle sprachen schön. immerhin habe ich acht jahre russisch gelernt und leider fast alles vergessen.

und ** danke schön, ich bin ganz gerührt.
 
Bezüglich der grammatikalischen Korrektheit von Binnen-I's und ähnlichen Konstrukten habe ich drüben bei Herrn Stubenzweig einen Link eingestellt. Was Sie hier ausgegraben haben, lasse ich einmal unkommentiert. Man kommt zuweilen aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Entsorgt habe ich noch kein nicht-elektronisches Buch, zumindest wäre mir dergleichen »nicht erinnerlich«, um eine Phrase zu bemühen, die im größten, österreichischen Korruptionsuntersuchungsausschuss aller Zeiten gefühlte tausend Mal aufgesagt wurde. Tatsächlich landet bei mir nicht einmal Schundliteratur im Altpapier. Womöglich schwingen im Hinterkopf noch immer die Bilder aus 1933 mit.

Die russische Sprache ist auch gesungen ein Wohlklang. Da ich jedoch so wenig verstehe, lasse ich mir vieles von der besseren Hälfte übersetzen. Als Entschädigung revanchiere ich mich dann immer bei den Chansons.
 
untersuchungsausschüsse sind wahre fundgruben für erinnerungslücken.

ich muß mir das mit dem sprachfeminismus mal in ruhe durchlesen. ich habe aber kurz im danisch.de/blog gestöbert, irre.

das finde ich unheimlich lustig. navigationssystem für frauen, navi-app für frauen, navigationssystem für männer und das navigationssystem für vom weg abgekommene.

singen sie die chansons auch vor?
 
Ob ich die Chansons auch vorsinge, fragen Sie. Nun, ich bin immer der Meinung, dass diejenigen singen sollen, die das auch können, zumal es auch einmal eine Zeit gab, da es noch einer gewissen Portion Talent bedurfte, um überhaupt als Sänger auftreten zu können. RTL hat sozusagen das fernöstliche Importprodukt Karaoke hoffähig gemacht und es geschafft, dass heute gänzlich untalentierte Sozialfälle vor einem Millionenpublikum musizieren können. Diese bedauerlichen Menschen, die man unter großen Versprechungen ins Scheinwerferlicht zerrt, sind dann Shootingstar für die Dauer der Halbwertszeit des Adrenalins, das ihre Nebennierenmarkzellen während des glorreichen Auftritts sezernieren, ehe sie wieder fallen gelassen werden und die Karawane weiterzieht. Ich tu' lieber, was ich kann und halte es da ganz mit dem Schuster, der bei seinen Leisten bleibt. Falls Ihre nächste Frage darauf abzielen sollte, ob ich denn gelegentlich unter der Dusche ... so muss ich Ihnen bedauerlicherweise mitteilen, dass das, was unter der Dusche an LP-reifen Stücken produziert wird, das Badezimmer leider (glücklicherweise?) nicht verlässt.
 
nein. nein, meine nächste frage zielte nicht darauf ab (wo sie singen täten oder tun). nein, das war ein scherz, wirklich.

(herr phom zieht also nicht in erwägung, das nächste top-forgotten-super-irgendwas zu werden. leider. glücklicherweise?)

nehmen sie es mir nicht krumm. beste grüße!
 
Ach, Sie mißverstehen mich! Ich, der ich Ihnen doch nichts krumm nehmen würde, habe das durchaus mit einem zwinkernden Auge und einer Portion Selbstironie geschrieben. Um allfällige Mißverständnisse auszuräumen, sei das zwinkernde Auge hiermit nachgereicht: ;-)

Herzliche Grüße,
phom
 
ach herr phom.
ich verstehe sie gewiss nicht miß, jedenfalls nicht mit absicht.
;-)
das gebe ich gerne zurück.
herbstliche und herzliche grüße!
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update: 2024.04.26, 20:47
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