02
Oktober
ach doro.

was ist das denn für eine lächerliche propaganda?
es wäre redlich gewesen (journalistisch), darauf hinzuweisen, daß der investitionsschutz oder investorenschutz darin begründet liegt, mit ländern ein abkommen über den freien handel (freien zugang zu den märkten) trotz instabiler (vor allem rechtlicher) verhältnisse zu vereinbaren. aus der sicht der investoren nachvollziehbar. im grunde aber ist das, seien die verhältnisse dort wie sie sind, ein eingriff in das rechtsstaatsgefüge. genau das ist aber der haken: kein rechtssaat, kein rechtsstaatgefüge. aber man will halt überall frei handeln.

man könnte es also so sagen: glück für kanada, daß es einer nothilfe in form von einer außerordentlichen gerichtsbarkeit nicht braucht. oder ist kanada kein rechtsstaat? abseits von dieser rechtsphilosphischen frage, muß man sich fragen, wie das kanadische unternehmen behandeln.

denn, staaten (mit ihrer mehr oder weniger ordentlichen gerichtsbarkeit) sind dabei bestenfalls reagierende. agieren ist die sacher derer, die ihren profit verteidigen müssen als wäre er ein rechtsgut.

das große aber: Konsumenten sind die wahren Nutzer
nun ja, werte frau siems. mögen die rechtswege dann und wann verworren sein, sie sind immerhin, in gewisser weise, transparent: für die bürger.

ich kann (hier) nur, für mich selbst reden. in erster linie, sehe ich mich als bürger(in).

mitschuetteln

 
Thorsten Hild erinnert Dorothea Siems stets an Rosa Klebb, die Agentin in LIebesgrüße aus Moskau, Viktor Quandt vergleicht sie hingegen mit Margaret Thatcher:

Einer Frage können wir jedoch nicht ausweichen: Für wen schreibt Dorothea Siems eigentlich ihre hassdurchsetzten Tiraden, wer soll sich davon angesprochen fühlen? Gibt es ein messbares Leserpotential, das sich in diesen - oft als Satire missverstandenen - Verbalattacken noch wiederfindet? Und weiter: Welche Wähler stehen denn für diese marktradikalen Positionen ein?

Diese Frau bekam 2013 den Hayek-Preis, Rainer Hank von der FAZ hielt die Laudatio.

Jochen Hoff beschrieb ihre Arbeit einmal so:

Dorothea Siems ist bei vierfache Mutter und bei der Welt für die Hetze gegen den Sozialstaat zuständig.

Ich wüsste gern einmal, ob sie zur INSM in engerer Verbindung steht.

Nachtrag: Erhard Eppler schrieb 2012 in einem Gastkommentar Folgendes:

Was die Redakteurin Dorothea Siems da von sich gegeben hat, ist zuerst einmal Nationalismus pur, und zwar von einer Sorte, die wir seit Konrad Adenauer und Willy Brandt für überwunden hielten. Es ist zum andern der Zornausbruch einer Marktradikalen, die spürt, dass Europa die marktradikale Epoche überwinden will. Und es ist eine Sprache, die im Pamphlet eines Unbekannten sensible Verfassungsschützer aufgescheucht hätte.
 
vielen dank für ihre ergänzungen.

ein hayek-preis und die laudatio dazu von rainer hank, ich würde sagen, das war unausweislich.
von rainer hank, dachte ich, hätte ich auch was im programm. aber das war ein anderer.
 
Eine journalistische Perle
»Propaganda« ist ein hartes Urteil, doch es fällt schwer, einen treffenderen Ausdruck für den Text zu finden, den Dorothea Siems ihren Lesern in der WELT einmal als Leitartikel und einmal als Kommentar vorsetzt. Aber man muss das verstehen: Als Hayek-Preisträgerin und als Mitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung verfolgt sie womöglich eine gewisse Agenda. Zwar bezeichnet sich die Erhard-Stiftung in ihrer Selbstbeschreibung als »unabhängig von Parteien und Verbänden«, aber es lässt sich wohl aufgrund der inhaltlichen Stoßrichtung und der dort partizipierenden Personen eine gewisse ideologische Nähe zur CDU nicht leugnen. Studiert man die auf der Lobbypedia-Seite gezeigte Mitgliederliste genauer, so erkennt man die zahlreichen Querverbindungen zur Hayek-Stiftung, zur Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) sowie zur Konrad-Adenauer-Stiftung, einem Thinktank der CDU. Der Vorsitzende der Ludwig-Erhard-Stiftung heißt übrigens Hans D. Barbier, ein FAZ-»Journalist«, Botschafter der INSM und ebenfalls Hayek-Preisträger.

Und Rainer Hank erwähnte ja in der Laudatio für Frau Siems: »Stur kann sie sein, wohl wahr, wie alle Menschen, die eine ›Mission‹ haben«. Fragt sich nur, welche Mission Frau Siems beim Verfassen ihrer Leitartikel verfolgt? Da der ihr innewohnende missionarische Eifer bei niemand Geringerem als ihrem Hayek-Laudator eine lobende Erwähnung fand, wird die Antwort auf diese Frage nicht so schwer fallen.

Aber es soll ja nicht nur eine reine ad-hominem-Kritik werden, widmen wir uns also ihrem Text, Stück für Stück:
»Die von Globalisierungsgegnern (...) geschürten Ängste (...)« [1]
Es ist eine Art rhetorischer Kunstgriff, Kritiker -- mögen sie noch so sachlich argumentieren -- als »Gegner« oder »Feinde« der eigenen Ideologie darzustellen, die man dann auch noch euphemistisch umschreibt, damit sie bei den Lesern besser ankommt. Aus »Kritikern des Turbokapitalismus« werden so »Globalisierungsgegner«. Der Trick funkioniert, weil »Globalisierung« eher positiv konnotiert ist und wer kann schon kraft seiner Sinne gegen etwas sein, das gut und sinnvoll ist? Nur ein Irrer, also ein psychisch Kranker. Deshalb macht die Verfasserin aus »berechtigter Kritik« »Ängste«, um Kritiker pauschal zu diskreditieren. Mit einem Paranoiden muss man sich schließlich nicht auseinandersetzen, denn das wäre vergebliche Liebesmüh'.
»Von (...) allmächtigen US-Konzernen wie Google oder Facebook (ist die Rede), die eine Bedrohung für die hiesige Demokratie darstellten. Dass die Aussicht auf freien Handel (...) derartige Emotionen auslöst, hat mehr mit Ideologie als mit Ökonomie zu tun.« [1]
Dass eine promovierte Ökonomin dergleichen zu Papier bringt, ist nachgerade absurd. Es hat tatsächlich sehr viel mit Ökonomie zu tun, dass Monopole sinnvollerweise in ihren Freiheiten beschränkt werden sollen. Angebotsmonopole führen in der Regel zu deutlichen Nachteilen für die Konsumenten und sind ein klassisches Beispiel für das klägliche Versagen der als gottgleich verehrten Kräfte des Marktes, aber mit der Theorie des Monopols dürfte eine Ökonomin ja vertraut sein. Das Eingreifen des Staates geschieht, von Ausnahmen abgesehen, weniger aus einer Laune heraus, sondern aufgrund der Notwendigkeit, die sich ergibt, weil Märkte in der Regel nicht vollkommen sind, sondern ineffizient und alles andere als »perfekt«, wenn man die gängige Definition zu Grunde legt. Das Marktversagen ist den Märkten inhärent. Dass Konzerne zumeist Fürsprecher einer liberalen Politik sind, liegt darin begründet, dass sie durch ein Versagen des Marktes in der Regel belohnt werden, während kleinere Wirtschaftstreibende und Konsumenten von den »Marktkräften« hinweggefegt werden.
»Die Gegner des TTIP schwimmen auf einer Welle des Antiamerikanismus.« [1]
Hier wird die übliche Kampfrhetorik angewendet. Wer nicht für uns ist, ist ein Gegner und wird mit dem Präfix »Anti-« gebrandmarkt. Man könnte diese »Gegner« und »Antiamerikaner« auch als aufrechte Demokraten bezeichnen, aber dann müsste man den Pfad der Propaganda verlassen. Spätestens hier sollte deutlich geworden sein, welches Vokabular sich die Dame zunutze macht, um Kritiker pauschal zu diskreditieren und verächtlich zu machen. Ich weiß nicht, in welchen Seminaren man dergleichen lernt, aber dieser Stil ist schäbig und eines Leitartikels in einer großen deutschen Tageszeitung unwürdig.
»Liberalisierung wird von ihnen mit Turbokapitalismus gleichgesetzt, der spätestens seit der Weltfinanzkrise als Wurzel allen Übels gilt.« [1]
Nun will ich Liberalisierung nicht als generelles Übel verstanden wissen. Es kommt wohl darauf an, was man liberalisiert und wie man es tut. Bekanntlich ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste und sie schadet auch nicht, wenn man sich vor Augen führt, welche Allmendegüter in den vergangenen Dekaden auf dem Altar des Kapitalismus geopfert wurden, um einige wenige Konzerne mit Geldspritzen intravenös auszuhalten. Die Wasserspiele, die in ihren vielen Facetten ein schaurig-schönes Beispiel für die Ideologie der Neoliberalisierung sind, die die Interessen Weniger so deutlich vor das Geheimwohl stellt, seien hier exemplarisch angeführt.
»Es ist schwer, mit sachlichen Argumenten in dieser vorurteilsgeladenen Stimmung durchzudringen.« [1]
Die Kritik begründet sich nicht auf Gerüchte oder Vermutungen, Kritiker können sich auf offizielle Dokumente der EU-Kommission berufen. Von Vorurteilen kann daher keine Rede sein.
»Vielfach wird von den Gegnern gezielte Desinformation betrieben.« [1]
Glücklicherweise kann der deutsche Michel auf unabhängige Journalisten von Welt zurückgreifen, die Informationen objektiv darstellen und Kritik bzw. Kritiker dabei ernst nehmen.
»Keineswegs können über diesen Weg Umweltschutzregeln oder der Verbraucherschutz ausgehebelt werden, denn gegen solche Bereiche darf gar nicht vor den Schiedsgerichten geklagt werden.« [1]
Basierend auf dem Energy Charter Treaty wurde die Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 2009 und 2012 vom Energiekonzern Vattenfall vor ein ISDS-Schiedsgericht gezerrt. Es ging 2009 um Umweltstandards, die Vattenfall als unvereinbar mit seinen Investitionsprojekten erachtete. 2012 ging es dann um die Abschaltung der Atomkraftwerke (»Atommoratorium«), wo Vattenfall wieder ein ISDS-Schiedsgericht anrief. Es gibt diese Verträge zulasten der Allgemeinheit also bereits, mit denen der Umweltschutz ausgehebelt wird und in der ein oder anderen Form werden sie wohl auch Bestandteil des TTIP-Abkommens sein, das in seinen Details ja noch nicht zu Ende verhandelt wurde.
»Falsch ist zudem (...) dass die Europäer mit den Investitionsschutzklauseln Neuland beträten. Allein Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten mehr als 130 solcher Abkommen abgeschlossen (...) ohne dass dies den hiesigen Gesetzgeber in irgendeiner Weise gehindert hätte, hohe Umwelt- oder Sozialstandards zu setzen.« [1]
Wie gezeigt wurde, führen solche Klauseln dazu, dass Staaten klagbar sind, wenn sie auf hohe Umweltstandards setzen, also etwa Atomkraftwerke abschalten. Im Sinne einer ausgeglichenen Budgetpolitik wäre es also rational, Atomkraftwerke nicht abzuschalten.

In diesem Text wurden Kritiker diskreditiert, indem sie suggestiv als Gegner einer guten Sache dargestellt wurden und ihnen gezielte Desinformation vorgeworfen wurde. Vonseiten der Verfasserin wurden stark tendenziöse und teilweise unrichtige Behauptungen aufgestellt, wie ich gezeigt habe. Ob sie es schlicht nicht besser wusste oder in »missionarischem Eifer« im Sinne der politischen Vereine, in denen sie tätig ist und von denen sie Preise erhält, tätig wurde, weiß ich nicht. Letztendlich handelt es sich dabei nach meinem Dafürhalten um einen stark tendenziösen, also um einen unausgewogenen und einseitigen Artikel, der einer Journalistin unwürdig ist. Journalisten sollten den Regierenden nicht nach dem Mund reden, sondern über weite Strecken undemokratische Instrumente wie das TTIP einer kritischen Reflexion unterziehen. Tun sie das nicht (und das tun sie nicht), werden sie mittelfristig bei den Arbeitsämtern lange Schlangen bilden, weil zurecht niemand mehr die Gazetten kaufen wird, für die sie schreiben.

[1] Siems, D. (2014): Die Mär vom bösen TTIP. Die Welt. Abrufbar unter http://www.welt.de/print/welt_kompakt/debatte/article132795481/Die-Maer-vom-boesen-TTIP.html (Zugriff am 03.10.2014)
 
bei lobbypedia habe ich auch nachgeschaut und mich über die zahlreichen querverbindungen nicht gewundert. die frau siems ist nicht nur propaganda, sondern auch regelmäßig, unregelmäßig, eine garantin für ein schlechte-laune-programm.
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wenn irgendwo noch eine journalistische perle entdeckt wird, dann sind es sie(!)
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marktradikale fragen nicht danach, ob ttip ein undemokratisches instrument ist (es ist auch kein geheimnis mehr, daß kaptitalismus ohne demokratie besser funktioniert). sie degradieren jeden zum gemeinen konsumenten. das ist die kategorie, in der "gedacht" wird.
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um an ihr schlußwort anzuschließen: wenn so ein unsinn nicht mehr konsumiert wird, um so besser. obwohl ich freilich zweifel habe, daß sich die mehrheit darüber überhaupt gedanken macht.
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update: 2024.04.26, 20:47
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